Beitrag zum 16.11.2005
Die Geschichte über die Kinder aus der 4. Klasse, die versucht haben, einen Würfel abzuzeichnen, aus dem dann schließlich eine unförmige Kartoffel wurde, erinnerte mich stark an die Geschichte "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry:
"Als ich sechs Jahre alt war, sah ich einmal
in einem Buch über den Urwald, das
»Erlebte Geschichten« hieß, ein prächtiges
Bild. Es stellte eine Riesenschlange dar,
wie sie ein Wildtier verschlang. Hier ist eine
Kopie der Zeichnung.
In dem Buche hieß es: »Die Boas
verschlingen ihre Beute als Ganzes, ohne
sie zu zerbeißen. Daraufhin können sie sich
nicht mehr rühren und schlafen sechs
Monate, um zu verdauen.«
Ich habe damals viel über die Abenteuer
des Dschungels nachgedacht, und ich
vollendete mit einem Farbstift meine erste
Zeichnung. Meine Zeichnung Nr. 1. So sah
sie aus
Ich habe den großen Leuten mein
Meisterwerk gezeigt und sie gefragt, ob
ihnen meine Zeichnung nicht Angst mache.
Sie haben geantwortet: »Warum sollen
wir vor einem Hut Angst haben?«
Meine Zeichnung stellte aber keinen Hut
dar. Sie stellte eine Riesenschlange dar,
die einen Elefanten verdaut. Ich habe dann
das Innere der Boa gezeichnet, um es den
großen Leuten deutlich zu machen. Sie
brauchen ja immer Erklärungen. Hier meine
Zeichnung Nr. 2:
Die großen Leute haben mir geraten, mit
den Zeichnungen von offenen oder
geschlossenen Riesenschlangen aufzuhören
und mich mehr für Geographie,
Geschichte, Rechnen und Grammatik zu
interessieren. So kam es daß ich eine
großartige Laufbahn, die eines Malers
nämlich, bereits im Alter von sechs Jahren
aufgab. Der Mißerfolg meiner Zeichnungen
Nr. 1 und Nr. 2 hatte mir den Mut
genommen. Die großen Leute verstehen nie
etwas von selbst, und für die Kinder ist es
zu anstrengend, ihnen immer und immer
wieder erklären zu müssen.
Ich war also gezwungen, einen anderen
Beruf zu wählen, und lernte fliegen. Ich bin
überall in der Welt herumgeflogen, und die
Geographie hat mir dabei wirklich gute
Dienste geleistet. Ich konnte auf den ersten
Blick China von Arizona unterscheiden.
Das ist sehr praktisch, wenn man sich in
der Nacht verirrt hat.
So habe ich im Laufe meines Lebens mit
einer Menge ernsthafter Leute zu tun
gehabt. Ich bin viel mit Erwachsenen
umgegangen und habe Gelegenheit gehabt,
sie ganz aus der Nähe zu betrachten. Das
hat meiner Meinung über sie nicht
besonders gut getan.
Wenn ich jemanden traf, der mir ein
bißchen heller vorkam, versuchte ich es
mit meiner Zeichnung Nr. 1, die ich gut
aufbewahrt habe. Ich wollte sehen, ob er
wirklich etwas los hatte. Aber jedesmal
bekam ich zur Antwort: »Das ist ein Hut.«
Dann redete ich mit ihm weder über Boas,
noch über Urwälder, noch über die Sterne.
Ich stellte mich auf seinen Standpunkt. Ich
sprach mit ihm über Bridge, Golf, Politik
und Krawatten. Und der große Mensch war
äußerst befriedigt, einen so vernünftigen
Mann getroffen zu haben.
Ich blieb also allein, ohne jemanden, mit
dem ich wirklich hätte sprechen können, bis
ich vor sechs Jahren einmal eine Panne in
der Wüste Sahara hatte. Etwas an meinem
Motor war kaputtgegangen. Und da ich
weder einen Mechaniker noch Passagiere
bei mir hatte, machte ich mich ganz allein an
die schwierige Reparatur. Es war für mich
eine Frage auf Leben und Tod. Ich hatte für
kaum acht Tage Trinkwasser mit.
Am ersten Abend bin ich also im Sande
eingeschlafen, tausend Meilen von jeder
bewohnten Gegend entfernt. Ich war viel
verlassener als ein Schiffbrüchiger auf
einem Floß mitten im Ozean. Ihr könnt euch
daher meine Überraschung vorstellen, als
bei Tagesanbruch eine seltsame kleine
Stimme mich weckte:
»Bitte... zeichne mir ein Schaf!«
»Wie bitte?«
»Zeichne mir ein Schaf...«
Ich bin auf die Füße gesprungen, als wäre
der Blitz in mich gefahren. Ich habe mir die
Augen gerieben und genau hingeschaut. Da
sah ich ein kleines, höchst ungewöhnliches
Männchen, das mich ernsthaft betrachtete.
Hier das beste Porträt, das ich später von
ihm zuwege brachte.
Aber das Bild ist bestimmt nicht so
bezaubernd wie das Modell. Ich kann nichts
dafür. Ich war im Alter von sechs Jahren von
den großen Leuten aus meiner Malerlaufbahn
geworfen worden und hatte nichts zu zeichnen
gelernt als geschlossene und offene
Riesenschlangen.
Ich schaute mir die Erscheinung also mit
großen, staunenden Augen an. Vergeßt nicht,
daß ich mich tausend Meilen abseits jeder
bewohnten Gegend befand. Auch schien mir
mein kleines Männchen nicht verirrt, auch
nicht halbtot vor Müdigkeit, Hunger, Durst
oder Angst. Es machte durchaus nicht den
Eindruck eines mitten in der Wüste
verlorenen Kindes, tausend Meilen von
jeder bewohnten Gegend. Als ich endlich
sprechen konnte, sagte ich zu ihm:
»Aber... was machst denn du da?«
Da wiederholte es ganz sanft, wie eine
sehr ernsthafte Sache:
»Bitte... zeichne mir ein Schaf...«
Wenn das Geheimnis zu eindrucksvoll ist,
wagt man nicht zu widerstehen. So absurd es
mir erschien - tausend Meilen von jeder
menschlichen Behausung und in Todesgefahr
ich zog aus meiner Tasche ein Blatt Papier
und eine Füllfeder. Dann aber erinnerte ich
mich, daß ich vor allem Geographie,
Geschichte, Rechnen und Grammatik studiert
hatte, und mißmutig sagte ich zu dem
Männchen, daß ich nicht zeichnen könne. Es
antwortete:
»Das macht nichts. Zeichne mir ein
Schaf.«
Da ich nie ein Schaf gezeichnet hatte,
machte ich ihm eine von den einzigen zwei
Zeichnungen, die ich zuwege brachte.
Die von der geschlossenen
Riesenschlange. Und ich war höchst
verblüfft, als ich das Männchen sagen hörte:
»Nein, nein! Ich will keinen Elefanten in
einer Riesenschlange. Eine Riesenschlange
ist sehr gefährlich und ein Elefant braucht
viel Platz. Bei mir zu Hause ist wenig Platz.
Ich brauche ein Schaf. Zeichne mir ein
Schaf.«
Also habe ich gezeichnet..."
"Als ich sechs Jahre alt war, sah ich einmal
in einem Buch über den Urwald, das
»Erlebte Geschichten« hieß, ein prächtiges
Bild. Es stellte eine Riesenschlange dar,
wie sie ein Wildtier verschlang. Hier ist eine
Kopie der Zeichnung.
In dem Buche hieß es: »Die Boas
verschlingen ihre Beute als Ganzes, ohne
sie zu zerbeißen. Daraufhin können sie sich
nicht mehr rühren und schlafen sechs
Monate, um zu verdauen.«
Ich habe damals viel über die Abenteuer
des Dschungels nachgedacht, und ich
vollendete mit einem Farbstift meine erste
Zeichnung. Meine Zeichnung Nr. 1. So sah
sie aus
Ich habe den großen Leuten mein
Meisterwerk gezeigt und sie gefragt, ob
ihnen meine Zeichnung nicht Angst mache.
Sie haben geantwortet: »Warum sollen
wir vor einem Hut Angst haben?«
Meine Zeichnung stellte aber keinen Hut
dar. Sie stellte eine Riesenschlange dar,
die einen Elefanten verdaut. Ich habe dann
das Innere der Boa gezeichnet, um es den
großen Leuten deutlich zu machen. Sie
brauchen ja immer Erklärungen. Hier meine
Zeichnung Nr. 2:
Die großen Leute haben mir geraten, mit
den Zeichnungen von offenen oder
geschlossenen Riesenschlangen aufzuhören
und mich mehr für Geographie,
Geschichte, Rechnen und Grammatik zu
interessieren. So kam es daß ich eine
großartige Laufbahn, die eines Malers
nämlich, bereits im Alter von sechs Jahren
aufgab. Der Mißerfolg meiner Zeichnungen
Nr. 1 und Nr. 2 hatte mir den Mut
genommen. Die großen Leute verstehen nie
etwas von selbst, und für die Kinder ist es
zu anstrengend, ihnen immer und immer
wieder erklären zu müssen.
Ich war also gezwungen, einen anderen
Beruf zu wählen, und lernte fliegen. Ich bin
überall in der Welt herumgeflogen, und die
Geographie hat mir dabei wirklich gute
Dienste geleistet. Ich konnte auf den ersten
Blick China von Arizona unterscheiden.
Das ist sehr praktisch, wenn man sich in
der Nacht verirrt hat.
So habe ich im Laufe meines Lebens mit
einer Menge ernsthafter Leute zu tun
gehabt. Ich bin viel mit Erwachsenen
umgegangen und habe Gelegenheit gehabt,
sie ganz aus der Nähe zu betrachten. Das
hat meiner Meinung über sie nicht
besonders gut getan.
Wenn ich jemanden traf, der mir ein
bißchen heller vorkam, versuchte ich es
mit meiner Zeichnung Nr. 1, die ich gut
aufbewahrt habe. Ich wollte sehen, ob er
wirklich etwas los hatte. Aber jedesmal
bekam ich zur Antwort: »Das ist ein Hut.«
Dann redete ich mit ihm weder über Boas,
noch über Urwälder, noch über die Sterne.
Ich stellte mich auf seinen Standpunkt. Ich
sprach mit ihm über Bridge, Golf, Politik
und Krawatten. Und der große Mensch war
äußerst befriedigt, einen so vernünftigen
Mann getroffen zu haben.
Ich blieb also allein, ohne jemanden, mit
dem ich wirklich hätte sprechen können, bis
ich vor sechs Jahren einmal eine Panne in
der Wüste Sahara hatte. Etwas an meinem
Motor war kaputtgegangen. Und da ich
weder einen Mechaniker noch Passagiere
bei mir hatte, machte ich mich ganz allein an
die schwierige Reparatur. Es war für mich
eine Frage auf Leben und Tod. Ich hatte für
kaum acht Tage Trinkwasser mit.
Am ersten Abend bin ich also im Sande
eingeschlafen, tausend Meilen von jeder
bewohnten Gegend entfernt. Ich war viel
verlassener als ein Schiffbrüchiger auf
einem Floß mitten im Ozean. Ihr könnt euch
daher meine Überraschung vorstellen, als
bei Tagesanbruch eine seltsame kleine
Stimme mich weckte:
»Bitte... zeichne mir ein Schaf!«
»Wie bitte?«
»Zeichne mir ein Schaf...«
Ich bin auf die Füße gesprungen, als wäre
der Blitz in mich gefahren. Ich habe mir die
Augen gerieben und genau hingeschaut. Da
sah ich ein kleines, höchst ungewöhnliches
Männchen, das mich ernsthaft betrachtete.
Hier das beste Porträt, das ich später von
ihm zuwege brachte.
Aber das Bild ist bestimmt nicht so
bezaubernd wie das Modell. Ich kann nichts
dafür. Ich war im Alter von sechs Jahren von
den großen Leuten aus meiner Malerlaufbahn
geworfen worden und hatte nichts zu zeichnen
gelernt als geschlossene und offene
Riesenschlangen.
Ich schaute mir die Erscheinung also mit
großen, staunenden Augen an. Vergeßt nicht,
daß ich mich tausend Meilen abseits jeder
bewohnten Gegend befand. Auch schien mir
mein kleines Männchen nicht verirrt, auch
nicht halbtot vor Müdigkeit, Hunger, Durst
oder Angst. Es machte durchaus nicht den
Eindruck eines mitten in der Wüste
verlorenen Kindes, tausend Meilen von
jeder bewohnten Gegend. Als ich endlich
sprechen konnte, sagte ich zu ihm:
»Aber... was machst denn du da?«
Da wiederholte es ganz sanft, wie eine
sehr ernsthafte Sache:
»Bitte... zeichne mir ein Schaf...«
Wenn das Geheimnis zu eindrucksvoll ist,
wagt man nicht zu widerstehen. So absurd es
mir erschien - tausend Meilen von jeder
menschlichen Behausung und in Todesgefahr
ich zog aus meiner Tasche ein Blatt Papier
und eine Füllfeder. Dann aber erinnerte ich
mich, daß ich vor allem Geographie,
Geschichte, Rechnen und Grammatik studiert
hatte, und mißmutig sagte ich zu dem
Männchen, daß ich nicht zeichnen könne. Es
antwortete:
»Das macht nichts. Zeichne mir ein
Schaf.«
Da ich nie ein Schaf gezeichnet hatte,
machte ich ihm eine von den einzigen zwei
Zeichnungen, die ich zuwege brachte.
Die von der geschlossenen
Riesenschlange. Und ich war höchst
verblüfft, als ich das Männchen sagen hörte:
»Nein, nein! Ich will keinen Elefanten in
einer Riesenschlange. Eine Riesenschlange
ist sehr gefährlich und ein Elefant braucht
viel Platz. Bei mir zu Hause ist wenig Platz.
Ich brauche ein Schaf. Zeichne mir ein
Schaf.«
Also habe ich gezeichnet..."
Kristinn. - 22. Nov, 14:04